Der Start am 02.06.2012
Mit 2 Fahrrädern unter dem Arm durchquerte ich morgens um 5 Uhr mehrfach den Terminal 1 auf dem Hamburger Flughafen, bevor ich den richtigen Schalter gefunden hatte. Trotz des pingeligen Einweisers von British Airways, der irgendetwas von Fahrradkoffern laut Richtlinie der BA, die im Internet für alle Passagiere einsehbar sei, faselte, hatte ich in knapp 60 Minuten ohne sonderlichen Aufpreis die beiden Fahrräder und mein Gepäck aufgeben können. Ich fühlte mich allerdings, als ob ich die erste Tagesetappe der Fahrradtour mit Bergwertung schon hinter mir hätte.
In London Heathrow war Sven schon pünktlich eine halbe Stunde vor mir direkt aus Florida eingetroffen. Entgegen dem Ruf von Heathrow war sogar das Gepäck inklusive Fahrräder da, so dass wir uns gleich in die Fahrradklamotten schmeißen konnten. Sven wunderte sich etwas über die zu stark eingestellte Klimaanlage und merkte erst beim Verlassen des Flughafengebäudes, dass die Temperatur im Gebäude doch fast 10 Grad über der Außentemperatur lag. Somit war klar, dass Sven die kurzen Fahrradhosen völlig unnötig mitgenommen hatte.
Nach leichten Orientierungsschwierigkeiten – wir haben Heathrow mehrfach umrundet – ging es auf nach London. Vorbei an der Royal Albert Hall und dem Hydepark, bis wir nach einem Starbucksstopp den Big Ben vor uns hatten.
An der Themse entlang kamen wir zur Tower Bridge.
Waren wir auf unseren letzten Etappen positiv überrascht über die englische Küche und die englischen Orte, bekamen wir bei unserer ersten Übernachtung mit Dartford die beste Möglichkeit, unser Weltbild wieder gerade zu rücken. Angefangen von einem hässlichen Hotel über ein unglaublich schlechtes Restaurant konnte uns der Charme des Ortes nie erreichen.
Hotelhalle und Partyrückseite des Hotels, die in ein Parkhaus mündet.
Es kann aber auch daran gelegen haben, dass wir durchweg graues Wetter mit immer wiederkehren-dem Nieselregen als Wegbegleiter hatten. Dadurch wirkte sogar der sehr niedliche Ort Canterbury mit seinen alten Häusern und der riesigen Kathedrale irgendwie trostlos.
Diese Tagesetappe führte uns dann weiter durch den Südosten von England bis zur Fähre nach Dover, nur unterbrochen von kurzen Stopps zum Aufwärmen, bis wir auf der Fähre endlich unsere Sachen trocknen konnten. Übrigens konnten wir während der gesamten Etappen auf englischem Boden Fish and Ships meiden, sogar die Variante „fish and chips to go“.
In Calais entschädigten wir uns für diese nasse Etappe mit einem guten Hotel und einem phantastischen französischen Abendessen.
Der nächste Tag sollte uns zunächst die Küste entlang nach Norden bringen. Jedoch wurden wir von orkanartigen Böen fast vom Fahrrad geworfen. Natürlich kam der Wind direkt aus Nordost, so dass wir beschlossen, weiter landeinwärts zu fahren und den geplanten Bogen durch Belgien etwas zu verkürzen. Für die Mittagspause hatten wir uns Cassel ausgesucht. Obwohl der Ort wirklich sehr hübsch ist, war dies ein strategischer Fehler ersten Ranges: Nach einer anstrengenden Etappe gegen den steifen und für die Jahreszeit extrem kalten Wind freuten wir uns auf die bevorstehende Pause, die uns aber in der flachen nordfranzösischen Landschaft den einzigen Hügel mit einem nicht enden wollenden Aufstieg bescherte. Oben angekommen hatten alle Restaurant geschlossen. Ein kleines Bistro hatte Mitleid mit uns und wir genossen die einzige feste Nahrung, die uns angeboten wurde: Belegte Baguettes. Selten haben sie so gut geschmeckt.
Nachdem wir wieder aufgetaut waren, war der restliche Weg nach Armentières fast ein Spaziergang.
Durch den Tipp aus dem Hotel konnten wir die einheimische bretonische Küche ausprobieren.
Der 4. Tag brachte uns mit einer Stippvisite nach Belgien durch einen großen Nationalpark (Saint-Amand-Les-Eaux) und unserem finalen Ziel schon recht nahe (Siehe Café). Die Übernachtung erfolgte in dem eher langweiligen Ort Cambrai.
Die absolute Königstagesetappe brachte der 5. Tag mit sich. Das Wetter wurde so warm, dass Sven es sogar wagte, in der Pause sein langärmliges Shirt auszuziehen. Unser in den ersten Tagen geführte Kampf gegen den Wind wurde durch die Freude am Fahrradfahren abgelöst (mittlerweile fuhren wir gen Süden, mit dem Wind im Rücken).
Deshalb freuten wir uns sogar auf den kurzen, aber knackigen Anstieg zum Ortskern von Laon, der mit seiner Kathedrale auf einem Hügel liegt, der schon eine Stunde vorher zu sehen war. Angekommen in der Champagner-Region, wurde dieser natürlich bei einem wiederum sehr guten Essen getestet.
Der Abschlusstag brachte uns nach Reims, wo wir blauäugig eine Tour durch die Champagnerkeller von Pommery machen wollten. Leider muss man sich für solche Touren Wochen vorher anmelden. So konnten wir noch die Kathedrale von Reims besichtigen.
Mit der Bahn und der Pariser Metro zur Hauptverkehrszeit ging es dann in Richtung Charles de Gaulle.
Wieder war eine tolle Etappe zu Ende und wir unserem finalen Ziel Istanbul 500 km näher gekommen.