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2010 Start unserer X-Europe-Tour

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1. Etappe: Überblick

Karte Glasgow - Manchester

Saturday 07/31/10, from Glasgow to Invararay

Die erste Jahresetappe stand schnell fest: Wir wollten von Glasgow nach Manchester fahren. Das sind ca. 400 km, so dass wir bei einem durchschnittlichen Tagespensum von 100 km über 5 Tage einige Varianten zur Verfügung hatten. Zunächst war die Planung über Edinburgh an die Ostküste zu fahren und über Newcastle und Leeds nach Manchester. Erst der Aufschrei von Peter – ein eingefleischter Schottlandfan – machte uns darauf aufmerksam, dass wir mit den Großstädten Glasgow und Edinburgh bestimmt nicht das wahre Schottland kennen lernen würden. So wurde die Route umgeplant und der Start sollte uns zunächst nach Nordwesten führen um dann an der Westküste gen Süden nach Manchester zu kommen. Da unser Flug morgens ganz früh gehen sollte, konnte ich sogar noch einen sechsten Tag, also 600 km verplanen. Dass auch ein fast schon eingebürgerter US-Amerikaner am und pm verwechseln kann, merkten wir eine Woche vor dem Abflug, so dass unser Flug nicht morgens früh, sondern abends ging. Hektisches Umbuchen auf einen Tag früher rettete meine ausgearbeitete Tour über 6 Tage.


Als eingefleischte ‚Fahrrad-mit-ins-Flugzeug-Touristen’ schlugen wir nur 90 Minuten vor dem Abflug am Flughafen auf. Alles reine Routine: Lenker um 90 Grad drehen, Pedalen abschrauben, Luft aus den Reifen lassen und ab zur Sperrgepäckannahme. Leider ließ uns Punkt zwei die nächsten 30 Minuten ins Schwitzen kommen, da die Pedalen partout nicht abgehen wollten. Danach war klar, Svens Fahrrad wird in seinem Leben durch die jetzt völlig rundgeschliffenen Schrauben seine Pedalen nie wieder hergeben. Völlig fertig und verschwitzt bedurfte es Svens ganzen Charmes bei der Einchecktante Ingrid von BA, dass sein Fahrrad mitfliegen durfte und unsere groß angekündigte Tour nicht schon in Hamburg Fuhlsbüttel endete. Hier begann unsere Multimediatour, da Ingrid von Sven sofort abgelichtet und mit einem entsprechenden Kommentar auf unsere Facebookseite hochgeladen wurde.

Dass British Airways nur ein Gepäckstück zulässt, ließ uns deshalb kalt, auch wenn wir dadurch alles außer den beiden Fahrrädern als Handgepäck mitnehmen mussten.

Unsere Zeitplanung wurde auch dadurch nicht besser, dass beide Sperrgepäckannahmen im Terminal 2 defekt waren und wir mit den Fahrrädern und dem ganzen Gepäck zum Terminal 1 wechseln mussten. Auch dass Sven unsere Bordkarten auf diesem Weg verloren hat, sei nur am Rande erwähnt.

Der holprige Start wurde dadurch gekrönt, dass das Holiday Inn direkt am Flughafen nichts von unserer Buchung wusste. Es stellte sich dann aber heraus, dass es 100 Meter weiter noch ein Holiday Inn gibt. So, jetzt konnte es endlich losgehen, denn obwohl unser Flug über Heathrow ging, waren Gepäck und Fahrräder mit uns angekommen….

1. Tag Glasgow – Inveraray

Svens Kollege von DHL Gary Keatings kam zum Frühstück in unser Hotel und versorgte uns mit tollen Tipps. Dann buchte er uns noch die ersten beiden Übernachtungen, so dass wir völlig entspannt bei pünktlich zum Start einsetzenden Nieselregen unser neues Abenteuer starten konnten. Istanbul, wir kommen!!!!

Unser erstes Ziel heißt Loch Lomond, ein langgestreckter See nordwestlich von Glasgow. Das ganze Gebiet ist durchzogen von Fjorden und Seen, die alle mit Loch bezeichnet werden (übrigens ausgesprochen wie wir es als Deutsche aussprechen und nicht englisch als Lok). Durch Zufall stoßen wir auf einen herrlichen Fahrrad- und Wanderweg, der uns entlang eines Flusses direkt zum Loch Lomond bringt. In dem Fluss steht an fast jeder Ecke ein Schotte beim Fliegenfischen.

Auf unserem Weg entlang von Loch Lomond treffen wir jede Menge Fahrradtouristen und erst als wir am Loch Long vorbei kommen um einen Pass zum Loch Fine zu nehmen, nehmen die Fahrradfahrer ab. Der Pass hat übrigens den sinnigen Namen ‚ Rest and  be thankful’. Auf dem Anstieg hörte der Nieselregen auf, um in einen kräftigen Landregen überzugehen, der aber nur von kurzer Dauer ist. Auf unserer gesamten Tour hat es nur noch einen kräftigen Regen gegeben, obwohl es fast die ganze Zeit bedeckt war und grau und regnerisch aussah. Unsere erste Tagesetappe endet in Inveraray im vorgebuchten Bed & Breakfast. Der Kern von Inveraray besteht aus zwei toprenovierten und weiß getünchten Häuserreihen links und rechts der Hauptstraße, die auf eine große Kirche, natürlich auch in weiß, zuführt. Das erste Hotel am Platze, das St. George, ist natürlich auch in dieser Zeile zu finden und sein Koch lässt uns dann an dem schlechten Ruf der britischen Küche zum ersten (und nicht zum letzten) Mal zweifeln.

2. Tag Inveraray – Brodick

Auch wenn der letzte Abend richtig sonnige Abschnitte hatte, begrüßt uns der neue Morgen wieder grau in grau, so dass wir unsere Regenklamotten griffbereit einpacken. Da Sven in neue Gepäcktaschen investiert hatte, die jede Menge Extrataschen hat, konnten solche Planungen problemlos durchgeführt werden. Unsere B&B-Fee verabschiedet uns morgens mit den Worten, dass es heute bestimmt ein schöner Tag ohne Regen werden würde. Sie sollte Recht behalten und wird schon für diese Ankündigung sofort porträtiert und ins Facebook gestellt.

Landschaftlich traumhaft geht es entlang Loch Fine gen Süden und wir wissen nach den ersten Meilen, dass wir in den Ausläufern der Highlands sind. Am Ende des Tages werden wir über 800 Höhenmeter erklommen haben. Zum Nachmittag nehmen wir die Fähre zur Insel Arran, die als Klein-Schottland bekannt ist, da sie genau wie Schottland im Norden bergig und im Süden eher flach ist. Wir durchfahren natürlich die Hügelkette im Norden und kommen dann relativ kaputt in Brodick an. Von dort wird uns morgen die Fähre wieder auf das schottische Festland bringen. Brodick ist ein relativ großer Ferienort, der Startpunkt für viele Wander- und Mountainbikeausflügler ist. Durch das vorgebuchte B&B brauchen wir uns keine Sorgen um die Übernachtung zu machen, jedoch brauchen wir eine gute halbe Stunde, ehe wir es gefunden hatten. Doch die überaus freundliche Begrüßung von Eleonor und ihrem Hund entschädigt uns. Nachdem wir die Schilder am Zaun der 4 schon gestorbenen Hunde bewundert haben, werden wir herzlich in der Familie aufgenommen.

Die beste Adresse im Ort ist nicht nur Restaurant, sondern auch Dorfkneipe. Da zunächst alle Tische besetzt sind, lernen wir den Inhaber Ian am Tresen seiner Kneipe und dabei auch seine Lieblingswhiskeys kennen. Das Essen ist wieder phantastisch und benötigt aufgrund der Mengen noch ein oder zwei Whiskeys zur Verdauung. Dort lernen wir einen Koch kennen, der uns über die Besonderheiten der schottischen Küche aufklären will. Auf dem Rückweg zum B&B gehen wir am Fähranleger vorbei und stellen fest, dass wir am nächsten Morgen um 8.20 auslaufen müssen, um unsere Tagesetappe vernünftig zu bewältigen. Damit ist unser gemeinsames Frühstück mit Eleonor gestorben. Aber als wir am nächsten Morgen um 7 Uhr das Gemeinschaftsbadezimmer aufsuchen, treffen wir Eleonor in der Küche und sie lässt es sich nicht nehmen, gleich ein schnelles Frühstück vorzubereiten. Sven kann, dank seiner neuen Fahrradtaschen, seine Sachen schnell verstauen, so dass wir tatsächlich noch das Frühstück und die Fähre schaffen, obwohl zuerst ich meinen Zimmerschlüssel noch zurückbringen muss und dann Sven seinen Fahrradhelm vergessen hat. Aber Dank seiner neuen Fahrradtasche ging das Aufsatteln ungewöhnlich schnell.

3. Tag Brodick – Dumfries

Die Fähre am Montagmorgen ist brechend voll. Viele Pendler nehmen diese Fähre um 8.20 Uhr, aber auch LKWs und Touristen-PKWs füllen den Bauch der Fähre neben unseren Fahrrädern. Die Fähre versprüht den Charme der alten Ostseefähren und wir sind froh, schon bei Eleonor gefrühstückt zu haben. Beim Ausladen lassen wir den LKWs und PKWs den Vortritt und wollen dann als letzte von Bord, bevor die Horde wartender Autos für die Rückfahrt die Fähre entern kann. Leider zeigen sich jetzt erste Schwächen von Svens neuen Fahrradtaschen, denn sie fielen in dem Moment ab, als wir starten wollen. Aber jetzt wissen wir wenigstens, dass die Haken an den Seitentaschen tatsächlich einen Sinn haben.

Nach wenigen Kilometern verpassen wir die richtige Abfahrt und stoßen so auf einen herrlichen Radwanderweg, der querfeldein durch ein riesiges Feld führt. Nach weiteren 5 Meilen haben wir den Radwanderweg irgendwie verloren und brauchen einige Zeit, ehe wir wieder auf unsere Route stoßen. Da wir durch die Fähre relativ spät gestartet sind, entschließen wir uns, auf der Hauptstraße einige Kilometer abzureißen. Die Straße führte durch das für die Lowlands typische Gebiet von grünen, saftigen Wiesen, die durchweg hügelig sind. Die Felder sind häufig mit Steinmauern in einzelne Weiden für Schafe, Kühe und Pferde unterteilt.

Leichter Rückenwind und die letzten 40 km mit leichter Talfahrt lassen uns gut vorankommen und deshalb bleiben wir auf der Hauptstraße, auch wenn uns die LKWs bedrohlich nahe kommen. So können wir die Etappe trotz späten Starts mit 120 km in Dumfries abschließen. Dumfries kann man schon als kleine Stadt bezeichnen, macht auf uns aber keinen sehr guten Eindruck. Selbst nach zweifachem Durchqueren haben wir kein einziges Hotel oder B&B gefunden und auch nur ein interessantes Restaurant gesichtet. Erst der Hinweis der örtlichen Polizei führt uns auf die Spur zum Bahnhofshotel, das auch ein gutes Restaurant anbietet. Deshalb beschließen wir, das Hotel an diesem Abend nicht mehr zu verlassen. Wir probieren zum Abendessen Haggis, eine schottische Spezialität, die uns der Koch in Brodick empfohlen hatte.

4. Tag Dumfries – Pooley Bridge

Weiter geht es gen Südosten. Wir nehmen jetzt eine wunderschöne Nebenstrecke entlang einer Bahnlinie, die wir mehrfach überqueren. Ohne große Steigungen genießen wir das Radeln fast ohne Autoverkehr neben grünen Wiesen, Kühen und Schafen. Ab und zu kommt man an blumenreichen Gärten vorbei, die an Gartenausstellungen erinnern.
In Gretna Green haben wir noch schnell geheiratet und schon stoßen wir auf das letzte Haus in Schottland. England begrüßt uns mit der Stadt Carlisle, die wir durchqueren. Weiter geht es über die A6 in Richtung Penrith. Da die Autobahn M6 parallel verläuft, ist der Verkehr nur mäßig. Hinter Penrith beginnt der Lake District, ein in England sehr bekanntes Urlaubsziel. Es erstreckt sich über ca. 50 x 50 km zwischen der M6 und der Irischen See.
Wir erreichen mit Pooley Bridge einen der Hauptorte im Nordwesten vom Lake District. Man hat den Eindruck, dass hier die Schweizer Berge mit einem Ostseebad kombiniert wurden. Die Landschaft ist an Schönheit kaum zu überbieten mit kleinen Seen, richtigen Bergen (bis fast 1000 Meter Höhe) und natürlich aufgrund des Wetters alles in grüne Farbe getüncht. In den Ferienhochburgen sehen wir die Touristen in  Badeklamotten mit Handtüchern und Strandutensilien auf dem Rückweg zum Hotel, schnell noch ein Pint im Biergarten einnehmen.

Leider kann uns die Touristinfo nur eine Liste der Hotels und B&Bs, aber keine Auskunft über freie Betten geben. Pooney-Bridge ist völlig ausgebucht und wir finden per Telefon die nächste freie Unterkunft in 7 km Entfernung, die wir sofort buchen. Im Nachhinein nicht überraschend, handelt es sich um ein 5-Sterne-Hotel der gehobenen Preisklasse. Wir ahnen dies spätestens auf der ca. 150 Meter langen Kiesauffahrt hinunter zum wohl schönsten See des Lake Districts (Lake Ullswater). Auf dem Parkplatz machen sich unsere Fahrräder aber ganz gut neben den Bentleys und Jaguars. Eigentlich auch ganz angenehm, dass einem die Fahrradtaschen aufs Zimmer getragen werden, obwohl Sven seine neuen Fahrradtaschen ganz gern allein trägt. Um das Visalimit nicht herauszufordern, essen wir nicht im Hotel, sondern finden einen urigen Pub mit Blick auf den See. Ich nötige Sven, der sich an die Temperaturen unter 30 Grad immer noch nicht gewöhnt hat, noch ein Bier auf der Terrasse zu nehmen und wir genießen dann zum wiederholten Male die gute Küche in England.

5. Tag: Pooley Bridge – Settle

Südlich durchqueren wir am nächsten Morgen den Lake District, zunächst immer entlang des Lake Ullswater. Ein Grund für die vielen Seen ist der vulkanische Ursprung der Felsen im Lake District. Das harte Gestein lässt das Wasser nicht abfließen und die Berge werden durch Erosionen kaum abgetragen.
Dass wir den Kirkstone-Pass erklimmen müssen, um nach Windermere zu kommen, wissen wir. Dass dieser Pass aber über eine Meile mit bis zu 20% Steigung daherkommt, das haben wir nicht gewusst. Mit 5 Pausen meistern wir den Pass ohne zu schieben und wissen jetzt, dass uns nichts mehr erschüttern kann. Über 5 km geht jetzt die Abfahrt, die wir mit fast 60 km/h, immer mit der Hoffnung, dass die Bremsen funktionieren, bis nach Windermere hinein genießen. Sven fährt etwas langsamer, weil er Angst um seine neuen Fahrradtaschen hat.
Wir verlassen den Lake District über Kendal und freuen uns wieder über gerade Straßen und wenig Steigungen. Unsere letzte Übernachtung vor Manchester erfolgt in Settle, das im zweiten großen Erholungsgebiets von Englands Norden, im Yorkshire Dales liegt. Hier finden wir wieder ein schönes B&B, deren Besitzerin nicht nur eine Garage für unsere Fahrräder präsentieren kann, sondern uns gleich zu einem Tee mit feinem Selbstgebackenem einlädt. Wir fühlen uns wieder wie zu Hause.

6. Tag: Settle – Manchester

Die letzte Etappe überrascht uns nicht mehr mit Landschaftsformationen, da wir die Berge und Hügel jetzt verlassen haben, aber die schon ganz vergessenen Regenklamotten müssen doch noch einmal für eine halbe Stunde anprobiert werden. Es ist weiterhin nicht kalt (herrschende Meinung, abweichende Meinung Herr Gade: Es war die ganze Zeit saukalt), so dass mein Outfit mit Gamaschen, Regenjacke und kurzer Hose extrem bescheuert aussieht und ich die Regenklamotten schon vor der Weiterfahrt wieder ausziehe. Dank unserer von Google-Maps vorgegebenen kürzesten Route nehmen wir auch noch den letzten Hügel mit, obwohl die Hauptstraße nur wenige Kilometer neben uns durch das Tal führt. Erster aufkeimender Unmut war bei der tollen Aussicht, die wir auf dem einzigen Berg weit und breit genießen konnten, schnell vergessen.
Wir laufen mit einem Grinsen auf dem Gesicht nach Manchester ein. Die Fahrt durch die Innenstadt mit ihren Wolkenkratzern genießen wir und als wir auf unserem Weg zum DHL-Standort am Old Trafford vorbei kommen, überlegen wir noch, ob wir kurz eine Ehrenrunde drehen sollen. Der Empfang bei DHL konnte nicht freundlicher sein. Mike Cooke und Lisa Mills hören sich geduldig unsere begeisterte Reiseschilderung an und versprechen, Svens Rad an die von unserer Tour unterstützte Organisation Re-Cycle weiterzuleiten. Über Blackberry konnten wir während der Fahrt verfolgen, dass über 300 Pfund an Spenden über unsere Seite an Re-Cycle gespendet wurden. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an alle Spender!!!

Lisa brachte uns dann zum Hotel direkt am Flughafen. Dass wir aufgrund von Gasproblemen dort trotz Anmeldung durch Mike wieder ausquartiert wurden, konnte uns nicht wirklich stören. Beim Abendessen machten wir dann schon die Planung für das nächste Jahr. Das nächste Etappenziel wird wohl London sein.

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