Eine sensationelle Strecke liegt vor uns: Wir fahren in diesem Jahr die südkroatische Küste entlang und weiter durch Montenegro bis nach Albanien.
Nach über 20 Flugreisen haben wir endlich die optimale Fahrradverpackung für unsere Touren gefunden: Wir demontieren die Vorderräder und die Pedalen, kleben die Vorderräder gegen den Fahrradrahmen und umwickeln das Ganze mit Stretch Folie. Leichte Schäden am Fahrrad sind dadurch nicht zu vermeiden, aber die ewigen Diskussionen am Flughafen und die Gefahr, dass die Räder doch einmal nicht mitgenommen werden, waren zum Schluss schon kein witziges Abenteuer mehr, sondern einfach nur ätzend. Somit fährt auf der Tour jetzt immer eine Rolle Stretch Folie und Klebeband mit und innerhalb von 30 Minuten verwandeln sich unsere Räder in eingestretchte Pakete.
Aus irgendeinem Grund hatte ich dieses Jahr 3 anstatt 2 Ersatzschläuche eingepackt. Den zusätzlichen Schlauch benötigen wir schon nach 5 km, als Sven abends auf dem Weg vom Flughafen Split zum Hotel in Split ein Schlagloch übersieht. Dabei bemerke ich, dass ich für mein Rad 2 und für Svens Rad nur einen Schlauch dabei habe. Aber was Sven nicht weiß, kann ihn nicht beunruhigen.
Wir finden ein schönes Hotel direkt an der Altstadt und bummeln bei immer noch großer Hitze durch die engen Gassen. Dem sehr sahnigen Eis in der Waffel vom ersten Straßenverkäufer, den wir sehen konnten, folgte ein gemütliches Abendessen auf dem historischen Marktplatz.
Unser erstes Tagesziel ist nach 100 km der kleine Ort Gradac. Wir werden die nächsten Tage bis nach Albanien immer auf der Fernstraße Nr. 8 bleiben. Alternativen gibt es keine: links fangen gleich die Berge an und rechts ist die Adria. Durch die küstennahen Berge ist es ein stetiges bergauf und -ab.
Die maximale Höhe auf dieser Tagesetappe ist 200 Meter, die für uns Alpenüberquerer eigentlich keine Herausforderung sein sollte. Durch das zumindest für mich ungewöhnlich heiße Wetter von über 30 Grad Celsius und die immer wieder kurzen knackigen Anstiege, bin ich kurz vor dem Tagesziel völlig platt. 5 Liter Flüssigkeit sind einfach zu wenig. Dank eines Powergetränks aus dem Triathlon Zauberpaket von Sven erreichen wir dann doch noch Gradac und feiern den ersten Tagesetappensieg direkt am Wasser sitzend mit tschechischem Bier. Zum Sonnenuntergang wird die gesamte Beleuchtung am Strand und in den Restaurants ausgeschaltet. Erst als wir bezahlen wollen merken wir, dass ein Stromausfall daran schuld ist und wir jetzt unser letztes Bargeld in Kuna zusammenkratzen müssen.
Wir hängen über Nacht unsere völlig durchgeschwitzten Klamotten und Fahrradschuhe auf dem großzügigen Balkon auf und wachen mitten in der Nacht von einem unglaublichen Wetterleuchten auf. Das Sommergewitter ist ein großartiges Schauspiel mit Blitz und Donner, das wir in vollen Zügen genießen. Dank der schon morgens über 30 Grad Lufttemperatur ist es dann keine Vollkatastrophe, dass wir mit klitschnassen Schuhen und Fahrradhose starten müssen. Nach dem kurzen, aber steilen Anstieg zurück zur Route Nr. 8 lässt der Schüttelfrost nach und nach weiteren 5 km fange ich schon wieder an zu schwitzen. Wir passieren den schmalen Zipfel, der zu Bosnien Herzegowina gehört, um nach wenigen Kilometern wieder in Kroatien zu sein. Auch die zweite Tagesetappe ist geprägt von vielen Anstiegen und als wir Dubrovnik schon sehen können, führt uns die Straße noch einmal gute 100 Meter in die Höhe. Wir nehmen das erste Hotel, das wir sehen können mit einem wunderschönen Blick in die Bucht.
Zur Altstadt laufen wir endlose Treppen runter und nehmen dann einen Bus. Die Altstadt von Dubrovnik ist wirklich beeindruckend. Wir streifen durch alle Nebengassen und genießen das Essen in einem der vielen Restaurants. Auf Empfehlung von Sven geht es mit Uber zurück zum Hotel. Eine rasante Fahrt allerdings ohne wesentliche Einsparungen.
Unser nächstes Tagesetappenziel ist Budva in Montenegro. Bis kurz hinter Dubrovnik gibt es eine Autobahn, die parallel zu unserer Route Nr. 8 verläuft und den Durchgangsverkehr übernimmt. Jetzt ist das Verkehrsaufkommen entsprechend größer und auch die LKWs fliegen an uns vorbei. Wir halten uns diszipliniert am rechten Straßenrand, hoffen, dass die LKW Fahrer nicht übermüdet sind und kommen unfallfrei zur Grenze nach Montenegro. Unser Versuch, die Fähre in der Bucht von Kotor mit kroatischen Kuna zu bezahlen, wird nur belächelt. Wir sind wieder im Euro Raum.
Déja vu: Kurz vor Budva geht es wieder steil bergauf. Mit mehreren Trinkstopps meistere ich die 500 Meter und wir rollen auf der anderen Seite des Hügels nach Downtown Budva. Der Ort scheint fast ausgebucht zu sein und wir ergattern noch ein Mini Doppelzimmer. Auf der Suche nach einem verträumten Restaurant am Strand landen wir zusammen mit Hunderten von Touristen in einer Art Erlebnispark am Strand: Restaurants, Spielhöllen, Live-Musik, Eisdielen, Riesenschaukeln und Cocktailbars wechseln sich über einen Kilometer am Strand ab. Budva ist nicht nur für Montenegro, sondern weit darüber hinaus der Ferienort für Jugendliche.
Auf geht es am nächsten Morgen in Richtung Albanien. Shkodra ist unser nächstes Ziel. Dank Google Maps finden wir die winzige Straße zu der Abkürzung, die uns über einen kleinen Bergrücken führt. Oben angekommen, gönnen wir uns als einzige Gäste in einem Restaurant mit einem atemberauenden Blick ins Tal einen riesigen Teller mit Nudeln, der uns wieder Kraft geben. Danach geht es gemütlich bis zur Grenze. Der erste Eindruck direkt nach der Grenze scheint alle Vorurteile zu bestätigen: Ein Rollstuhlfahrer und eine Familie laufen bettelnd zwischen den wartenden Autos entlang. Ein Eselskarren, gefolgt von Kühen und Hühnern, kommt uns entgegen.
Doch wir erleben danach ein anderes Albanien: Wir sehen viele Autos und davon fast die Hälfte Mercedes, BMW oder Audi. Shkodra ist eine pulsierende Stadt, in der wir für € 80,- inklusive Abendessen und Frühstück in einem 5-Sterne-Hotel mit viel Plüsch absteigen. Die Menschen, die wir bis zu unserer Abreise treffen, sind alle sehr freundlich und wir kommen mit vielen Albanern ins Gespräch.
Der letzte Tag soll uns nach Tirana zum Flughafen bringen. Die Etappe ist mit 80 km die kürzeste und zudem fast ohne Steigungen. Außerdem verschwindet die Sonne zum ersten Mal etwas hinter leichten Schleierwolken. So starten wir gutgelaunt bei 37 Grad Lufttemperatur. Aber nach 40 km stetigem, manchmal auch stärkerem Gegenwind sind wir nicht mehr so sicher, dass dies eine leichte Etappe wird. Wir machen eine Abstecher zur Adria nach Shengjin, einer Appartement Stadt mit herrlichem Strand. Nach einer kurzen Mittagspause geht es weiter auf der schönen Schnellstraße nach Tirana, die aber leider 30 km vor unserem Ziel zur Autobahn wird und wir quer durch die Pampa zur Parallelstraße fahren müssen. Statt 30 fahren wir jetzt 40 km und das auf den letzten 20 km auf unbefestigter Schotterpiste.
Eiskalte Cola, ein riesiges Eis und ein großer Swimmingpool belohnen uns im Airport Hotel. Ein üppiges 3-Gänge-Menü im Garten serviert bildet den genialen Abschluss unserer diesjährigen Tour durch 4 Länder.